Unsere Zeit ist begrenzt

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WIL Andrea Hofstetter und Israel Alarcon Maizer stehen in „La Traviata“ als Zweitbesetzung auf der Tonhallen-Bühne. Mit dem Produktionsteam auf und hinter der Bühne fühlen sich beide rundum wohl.

Nicole Bosshard und Andrea Hofstetter haben nebst Ihrer Hauptrolle in „La Traviata“ eine weitere Gemeinsamkeit: Sie studieren beide bei Ivan Konsulov Gesang in Zürich. Dieser war 2006 als Nabucco in Wil aufgetreten. Und für beide Sopranistinnen ist es das erste Mal, dass sie in dieser hochemotionalen Partie auf der Bühne stehen. Auch Israel Alarcon Maizer gab in Wil sein Debut als Alfredo. „Alfredo ist eine grosse, schöne Partie, die gut vorbereitet sein muss“, meint Maizer. Ob Erst- oder Zweitbesetzung: Die Anforderungen sind für den Bolivianer, der mittlerweile in Basel Sologesang studiert, die gleichen.

Keine Kopie
Die Arbeit mit Laienbühnen ist für Andrea Hofstetter nicht neu: Diesen Herbst wird sie bereits zum sechsten Mal in Möriken-Wildegg mitwirken. Ähnlich ist die Situation am Stadttheater Sursee, wo sie ebenfalls bereits in sechs Produktionen mitwirkte. Neben ihrer Bühnenarbeit ist sie als Lehrerin für Sologesang tätig.
in Wil fühlen sich Andrea Hofstetter und Israel Alarcon Maizer  ausgesprochen wohl: „Das Team bringt uns Auswärtigen sehr viel Wohlwollen entgegen“, erläutert die Sopranistin ihr Wohlbefinden. Darunter der Chor und die beiden Dirigenten, die einem eine eigene Gestaltung der Partie ermöglichen. Dies wurde durch die Regisseurin Regina Heer explizit gewünscht und erarbeitet: So durfte Hofstetter mit ihrem Bühnenpartner Israel Alarcon Maizer die Figuren individuell entwickeln. „Wir mussten unsere Rollen nicht einfach von der Erstbesetzung kopieren, mussten keine exakten Regieanweisungen ausführen“, erinnert sich Hofstätter an die Probenarbeit. „Dafür bin ich sehr dankbar – es hat die Probenarbeit für uns viel spannender gemacht“. Ein Grund mehr, sich auf jede der Aufführungen zu freuen. „Nicht zuletzt auch wegen der feinen Suppen und Kuchen im Jägerstübli“, schmunzelt die Sopranistin. „Die Leute sind alle sehr nett und offen, ich fühle mich gut in Wil“, schwärmt Maizer.

Herausforderung
Als Zweitbesetzung engagiert zu sein bedeutet immer eine eigene Herausforderung. Man hat weniger Proben und Auftritte, möchte aber natürlich auch das Optimum geben. „Das erfordert eigene Disziplin, die Abläufe selber einzuüben, präsent zu behalten und die stimmliche Sicherheit beizubehalten.“, erläutert Hofstetter diese Herausforderung. Eine weitere Herausforderung ergab sich erst kürzlich durch die Grippewelle: Alfredo-Darsteller Roberto Ortiz war krank geworden. Da die beiden Hauptrollenpaare ihr Zusammenspiel  so individuell entwickeln konnten, hiess dies für Hofstetter und Maizer, die Erstbesetzung an einem Abend abzulösen. „Ich war gerade an einem Geburtstagsfest, als der Anruf kam“, erinnert sich die Sopranistin. „Aber dann schaltet sich ein Autopilot ein: Man packt zusammen, singt sich ein und dann ab in die Maske“.

Stück er-leben
Eine so grosse Figur wie die Violetta Valéry geht nicht spurlos an einer Darstellerin vorüber. Die Beanspruchung in der Probenarbeit und den Vorführungen von Stimme, Körper und Emotionen sind erheblich. „Es ist aber eher so, dass ein Teil der eigenen Persönlichkeit in die Figur fliesst, nicht umgekehrt“, meint Andrea Hofstetter. „Das sei auch das Wunderbare am Musiktheater: Man könne durch die Musik und das Darstellen das Stück „er-leben“. Da bleibe schon etwas hängen – zum Beispiel das Bewusstsein dafür, dass unsere Zeit begrenzt ist.

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