Archiv für den Monat: November 2014

Probe mit Humor und Tiefgang

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„Traviata“-Probenarbeit mit Humor und Tiefgang

WIL Chor und Solisten des MUSIKTHEATERWIL trafen sich vergangenes Wochenende zu intensiven Regieproben für die Inszenierung von „La Traviata“.

„Diese Stelle wäre ideal für mich zum Abstechen“, meint Dirigent Kurt Koller trocken. Gelächter. Und ja, er hat wirklich abstechen gesagt und es auch gemeint: Ein Stier soll abgestochen werden. Und ja, es wird für „La Traviata“ geprobt, nicht für „Carmen“. Auch in „La Traviata“ kommt eine Szene mit Stier und Matador vor – allerdings wird diese Szene nur auf einem Ball gespielt, von übermütigen, dem Alkohol bereits reichlich zugesprochenen Herren der sog. besseren Gesellschaft.

Jede Stimme wird gebraucht
Kollers Aussage resultiert aus der Tatsache, dass das gleichzeitige Singen und Agieren sehr schwierig ist – denn sowohl Regisseurin Regina Heer als auch er selbst als musikalischer Leiter haben natürlich ihre Ansprüche: Der Matador – ein Wiler Chorsänger – muss einerseits seine Lanze richtig halten und bewegen können, worunter andererseits die musikalische Qualität nicht leiden darf. Darum sucht Koller eine Stelle aus, in welcher der Chor eine Pause hätte, denn auf die Stimme des Matadors kann er nicht verzichten: „Ich brauche jede Stimme!“.  Doch nach einigen Durchläufen dieser Szene klappt es bestens und auch die anderen Herren mimen äusserst spielbegeistert den Muni.

Kritik wird umgesetzt
So heiter die vergangene Produktion des MUSIKTHEATERWIL mit Offenbachs „Die Banditen“ war, so ernst, sogar so tragisch ist Verdis „La Traviata“. Die aufrichtige Liebe einer Frau scheitert an den moralischen Gesetzen einer Gesellschaft, die selbst aber jeden Blick hinter die Kulissen verweigert. Selbstverständlich gehen das Regieteam und das Wiler Ensemble mit seriösem Ernst mit dieser Thematik um, doch immer wieder bricht Gelächter aus. Es mag Regisseure geben, die sich an den Zwischenbemerkungen der Darsteller nerven mögen – Regina Heer derweil lacht und albert mit. Verliert darüber hinaus aber niemals ihre Autorität: Auch kritische Bemerkungen werden nicht persönlich genommen, sondern umgesetzt.

Emotionalität
Der Chor beherrscht seinen musikalischen Part bereits bestens. An einer Probe in der Stadtkirche zusammen mit den Solisten und dem Orchesterverein konnte man schon mehr als eine Ahnung von den wunderbaren Melodien und deren jungen, dynamischen Umsetzung durch Kurt Koller bekommen: Auf Will wird ein Genuss-Feuerwerk Verdi´scher Genialität zukommen.
Visuell wird diese Musik in ein Gesamtkonzept aus Bühne, Licht und Kostümen eingebettet sein, das die Fokussierung auf das Wesentliche dieser Oper zulässt: Auf die tiefe Emotionalität der darin verwickelten Protagonisten.

Am Freitag, 12. Dezember 2014 um 19.00 Uhr wird Regisseurin Regina Heer in der Volkshochschule Wil über den Ansatz ihrer zeitgemässen Interpretation. Eine Anmeldung ist erforderlich unter www.vhs-wil.ch.